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Plasma-Oberflächenmodifizierung

Plasmen sind ein unentbehrliches Arbeitsmittel für gezielte Modifizierung von Oberflächen. Sie können Materialien zusätzliche neue Eigenschaften verleihen und erlauben die komplette Änderung der Grenzflächeneigenschaften von Bauteilen. Das INP besitzt langjährige Erfahrung in der Entwicklung plasma-gestützter Prozesse zur Veredelung von Produkteoberflächen sowohl im Life Science Bereich als auch im Bereich der Dünnschichttechnologie im Allgemeinen. Plasma-und ionengestützte Oberflächenverfahren spannen das Spektrum von der strukturierten Materialabscheidung, der gezielten Einstellung von Grenzflächeneigenschaften bis hin zur Herstellung von Funktionsschichten z.B. für den Bereich der Gefäßersatz- und lasttragenden Implantate.

Um für jede Anwendung die optimale Lösung zu finden, bietet das INP ein breites Spektrum an funktionellen Oberflächen zur Verwendung in folgenden Gebieten:

  • Verbesserung der Zelladhärenz
  • Antiadhäsive Oberflächen
  • Oberflächen für ein strukturiertes Zellwachstum
  • Antimikrobielle Oberflächen
  • Oberflächen zur Immobilisierung von Enzymen
  • Keramische Schichten
  • Photokatalytische Oberflächen
  • Plasma-feingereinigte und feinpolierte Oberflächen
  • Funktionelle Schichten

 

Die vielfältigen Anwendungen begründen sich durch eine Reihe von prozesstechnischen Vorteilen von Plasmaverfahren, wie eine niedrige thermische Belastung der Bauteile, vergleichsweise Umweltfreundlichkeit, präzise Steuerbarkeit sowie eine geringe direkte Beeinflussung der Grundmaterialeigenschaften. Da Prozesskosten und einfache Integration von Plasmaprozessen in bestehende Produktionslinien besonders im industriellem Einsatz von hoher Bedeutung sind, bietet das INP viele Prozesse sowohl im Niederdruck für höchste Reinheit als auch bei Atmosphärendruck für kurze Prozesszeiten an.

 

Anwendungs- und Forschungsfelder

Photokatalytische Oberflächen zeichnen sich durch eine Lage aus Metalloxid, meist TiO2, aus, welche durch Bestrahlung aktiviert wird. So entstehen u.a. in Kombination mit einem natürlicherweise vorliegenden dünnen Wasserfilm bspw. OH-Radikale, die dann mit Zellen, Mikroorganismen, Fetten und anderen Flüssigkeiten wechselwirken. Besonders für Implantate sind solche Oberflächen von Vorteil. TiO2 ist als Material für medizinische Implantate zugelassen, so dass im Hinblick auf die Zulassung eines derart veredelten Implantates zum Medizinprodukt keine großen Hürden zu nehmen sind.

Für eine Vielzahl von Anwendungen ist es wichtig, dass Proteine an Oberflächen immobilisiert werden. Ob ein Protein, das auf einer Oberfläche verankert wird, seine natürliche Aktivität zeigt, hängt stark von der Art der Verankerung ab. So werden Linker und Spacer zur kovalenten Ankopplung von Proteinen an Oberflächen eingesetzt. Entscheidend ist dabei, dass das Protein seine natürliche Aktivität beibehält.

Enzyme sind zwar z.T. sehr spezifisch und selektiv, erfüllen aber in vielen Fällen nicht die in industriellen Anwendungen geforderten Prozessstabilitäten. Zur Verbesserung der Stabilität kann durch plasmagestützte Oberflächenmodifizierung des Trägermaterials das Enzym oder der Biokatalysator immobilisiert und die Ausbeute gesteigert werden.

Mikrofluidische Systeme sind für die Bioanalytik von großer Bedeutung und integrieren Analysenfunktionen wie Probenaufgabe, chemische und biochemische Reaktion und Detektion auf einem Chip. Mit Hilfe von Plasmen und Masken lassen sich auf einer Vielzahl von Materialien gezielt chemisch unterschiedliche Mikrostrukturen erzeugen. Durch Mehr-Schritt-Plasmaprozesssequenzen lässt sich auf der Oberfläche eine Kombination aus zellanziehenden und zellabweisende Bereichen erzeugen.

Keramische Oberflächen werden häufig im technischen sowie im biomedizinischen Bereich eingesetzt. Die bereits etablierte Methode Plasmasprühen erlaubt im Vergleich zu konventionellen Verfahren die Erzeugung und Entwicklung einzigartiger Beschichtungen mit maßgeschneiderten, multiplen Eigenschaften. Die Einzigartigkeit des Verfahrens liegt in den nahezu beliebigen Kombinationsmöglichkeiten und Mischungen der Pulver (Metalle, Gläser, Keramiken, Polymere uvm.) und der hohen Materialabscheidungsrate bzw. Schichtdicke. Im biomedizinischen Bereich sind Beschichtungen mit TiO2, CaP, CaCO3, Kupfer, Silber, ZnO und deren Mischungen die Kernkompetenz des INP. Bei der im INP eingesetzten Anlange handelt es sich um eine Industrieanalage mit einer sehr verbreiteten Plasmaquelle. Dies hat den Vorteil, dass hiermit entwickelte Schichten und Schichtsysteme ohne Prozessaufskalierung vom Kunden 1:1 übernommen bzw. bei etablierten Lohnbeschichtern beauftragt werden können.

Dünne Schichten verleihen vielen Materialien bessere Eigenschaften. Je nach Anwendung erfüllen die Schichten spezielle Funktionen: bei tribologisch beanspruchten Bauteilen verringern sie den mechanischen Abrieb oder bei Metallen die Neigung zur Korrosion. Sie dienen der Haftungsverbesserung von Materialverbünden, besitzen dekorativen Charakter, erleichtern die Reinhaltung oder können der Oberfläche von Kunststoffen einen erhöhten Kratzschutz geben. Sie unterbinden als strukturkonforme, porenarme und transparente Barriereschicht die Permeation von Gasen (z.B. bei PET-Flaschen) oder schützen empfindliche Güter vor einer Diffusion von Lösungsmitteln aus der Wand von Kunststoffbehältnissen. In der Halbleitertechnik und Optik übernehmen Beschichtungen Funktionen als Dielektrikum, EMV-Abschirmung bzw. als Antireflexschicht.

 

Projektthemen

Die Verbreitung von Elektrofahrzeugen nimmt zu und ihr Marktanteil steigt rasant an. Allerdings gibt es bei der Elektromobilität weiterhin Einschränkungen bezüglich der Reichweite gegenüber herkömmlichen Verbrennungsmotoren. Neben größeren Batteriekapazitäten können Verbesserungen durch eine gesteigerte Effizienz und ein geringeres Fahrzeuggewicht erreicht werden.

Hierzu forscht das Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP) im Verbundprojekt ‚Integratives Schichtheizmodul‘ gemeinsam mit den Partnern

  • Webasto Thermo & Comfort SE; Webasto Neubrandenburg GmbH
  • Fraunhofer Einrichtung für Großstrukturen in der Produktionstechnik IGP
  • Schweißtechnische Lehr und Versuchsanstalt Mecklenburg-Vorpommern GmbH

an technischen Lösungen für elektrische Kfz-Heizungen. Die Kernkomponente ist ein Heizmodul, das dünne Schichtstrukturen zur Erwärmung nutzt. Somit können die Hochvoltkomponenten in Elektrofahrzeugen auf effektive Weise an ihrem optimalen Arbeitspunkt eingesetzt werden bei gleichzeitiger Einsparung von bewegter Masse. Die Einführung solcher Heizmodule erbringt also sowohl wirtschaftliche, als auch ökologische Vorteile.
Wesentlich für die Qualität des Produktes ist die Herstellung von dünnen, keramischen und metallischen Schichten. Diese werden mittels Atmosphärendruck-Plasmaspritzen aufgebracht. Obwohl sich dieses Verfahren bereits seit Jahren in vielen Bereichen der Dünnschichttechnologie bewährt, wirft dessen praktische Anwendung in industriellen Herstellungsprozessen Fragen bezüglich der Homogenität der zu erzielenden Schichtstärke, der Ausnutzung des Rohmaterials, den zu erzielenden Materialeigenschaften, der zeitlichen Prozessstabilität oder auch des Lebenszyklus der Plasmabrenner auf.
Hier setzt das INP mit seiner langjährigen Expertise im Bereich der Plasmadiagnostik und Plasmatechnologie an. Es werden optische Methoden (Spektroskopie und Hochgeschwindigkeits-Fotografie) angewandt, um die Plasmaeigenschaften der an der Produktion beteiligten Plasmaspritzanlagen zu charakterisieren und das Schichtwachstum zu visualisieren. Die experimentellen Befunde werden durch numerische Simulationen ergänzt und zu einem fundierten Bild des Plasmaprozesses zusammengeführt.
Von der Prozessüberwachung bis hin zur gezielten Prozesssteuerung leistet das Projekt einen Beitrag, um Produkte in einer gleichbleibend hohen Qualität zu erzeugen und den Fertigungsprozess durch einen reduzierten Wartungsaufwand effektiver zu gestalten.

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Thorben Kewitz
Tel.: 03834 554-3836
E-Mail: thorben.kewitzinp-greifswaldde

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Teilchenverbundwerkstoffe werden u.a. mittels Sintern zu hochwertigen Bauteilen verarbeitet. Der stoff- und formschlüssige Aufbau aus mehreren Materialien führt dazu, dass sich in jedem Fertigungsschritt die Porosität verändert. Diese ist zum großen Teil von den Parametern der Fertigungsprozesse abhängig, beeinflusst maßgeblich die Eigenschaften des fertigen Produktes und macht somit eine Dichteprüfung der Werkstücke zwischen den einzelnen Fertigungsschritten vor dem Tempern/Sintern notwendig.

Eine Dichtemessung der Werkstücke erfolgt bisher typischerweise im Labor und ist damit zeit- und kostenintensiv. Die Labormessmethoden, die den Stand der Technik verkörpern, (z.B. Schliffbildanalyse, Gaspyknometrie) bringen somit praktische Prozesszeiten von 1-2 Tagen mit sich.

Demgegenüber erlaubt das Messverfahren nach dem Archimedischen Prinzip eine zerstörungsfreie und schnelle Dichtemessung und lässt sich zudem direkt in die Fertigungsabläufe integrieren. Die Anwendung dieses Verfahrens auf poröse und gegenüber Feuchtigkeit labile Messobjekte, wie z.B. Grün- und Braunlinge, also keramische Bauteile vor dem Brenn- bzw. Sinterprozess ist bisher allerdings durch deren Flüssigkeitsaufnahme während der Messung erschwert oder unmöglich. Abhilfe kann hier eine dünne Funktionsbeschichtung schaffen, deren Barrierewirkung die Flüssigkeitsaufnahme des Messobjektes wirksam unterdrückt.

Ziel des Verbundvorhabens mit den Partnern

  • Dimensionics Density GmbH
  • Universität Rostock, Lehrstuhl für Mikrofluidik
  • Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e. V.

ist die Entwicklung eines automatisierten Systems zur Abscheidung einer solchen dünnen Funktionsschicht auf porösen Bauteilen mittels plasmaunterstützter chemischer Gasphasenabscheidung (PECVD) für die zerstörungsfreie fertigungsintegrierte Dichtemessung nach dem Archimedischen Prinzip.

Das Projektziel des Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e. V. ist die Entwicklung solcher Funktionsschichten mittels PECVD, die die Anwendung des Messprinzips auch für poröse und empfindliche Bauteile gestatten.

Um das Projektziel zu erreichen, werden unterschiedliche Beschichtungsverfahren, Plasmaquellen und chemische Ausgangsverbindungen zur Beschichtung auf ihre Eignung hin untersucht. Neben den bewährten Niederdruckverfahren wird insbesondere die Eignung eines lokal wirksamen Atmosphärendruckplasmas für diese Anwendung erforscht, wofür im Rahmen des Projektes ein Labormuster aufgebaut wird. Evaluierung und Vergleich der Ergebnisse erfolgen dabei mit Hilfe der Charakterisierung der chemischen Zusammensetzung und der Messung der Benetzbarkeit der Funktionsschichten.

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Mittels PECVD lassen sich poröse Bauteile mit superhydrophober Oberfläche ausrüsten sowie eine Barrierewirkung gegenüber dem Eindringen von flüssigen Medien erzeugen. Hier dargestellt ein prototypisches keramisches Bauteil.

 

Publikationen


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