Prozess- und Energietechnik
Plasmen mit erhöhter Energiedichte eignen sich für die Einkopplung elektrischer Energie in industrielle Prozesse. Die entsprechenden Technologien können zur Defossilisierung bzw. Dekarbonisierung und damit zur Emissionsminderung insbesondere in Industriezweigen mit hohem Energiebedarf beitragen. Je nach gewünschten Prozessbedingungen können thermische Plasmen mit Spitzentemperaturen zwischen 10 und 20 Tausend Grad oder Plasmen im Übergangsbereich zu nichtthermischen Plasmen mit Gastemperaturen von einigen Tausend Grad oder auch weniger eingesetzt werden. Neben dem reinen Energietransfer auf Gase und Festkörper unterstützen die Plasmen auch chemische Konversionsprozesse etwa durch die Aufspaltung von Molekülen. Sie eignen sich damit zur Unterstützung von thermochemischen Prozessen in der Wasserstofftechnik und der Kreislaufwirtschaft. Energiereiche Plasmen treten außerdem auf, wenn hohe Ströme geschaltet werden, u.a. in den Energieversorgungsnetzen. Hier wird der Umstieg auf eine grüne Schaltertechnologie angestrebt, die den Einsatz klimaschädlicher, insbesondere Fluor-haltiger Substanzen vermeidet.
Die Arbeiten im Forschungsschwerpunkt konzentrieren sich auf folgende Forschungsfragen:
- Verständnis des Plasmaverhaltens und der Plasmachemie bei hohen Drucken sowie in Interaktion mit katalytisch aktiven Materialien
- Wechselwirkung thermischer Plasmen mit Feststoffen insbesondere in Schmelz- und Gasifizierungsprozessen
- Verhalten und Einsatz von Vakuumbögen in Hochspannungsanwendungen sowie Untersuchungen zu Hybridschaltgeräten insbesondere für Gleichspannungssysteme
- Elektrischer Durchbruch und Ausbildung nicht-thermischer Plasmen oder Plasmazonen in Korrelation mit der Plasmachemie
ANWENDUNGS- UND FORSCHUNGSFELDER
Die Gasifizierung von kohlenwasserstoffhaltigen Rest- und Abfallstoffen zu Synthesegas stellt eine wichtige Technologie für die Kreislaufwirtschaft dar. Insbesondere für gemischte Reststoffe und Verbundmaterialien besteht oft keine marktfähige Lösung für das stoffliche Recycling. Der Einsatz von Plasmen in Gasifizierungsverfahren hilft, Verbrennungsprozesse zu substituieren und ein hochwertiges Synthesegas mit geringen Anteilen von Kohlendioxid, Teer und anderen Verunreinigungen zu erzeugen. Synthesegas stellt einen universellen Ausgangsstoff für die chemische Industrie dar. Die Erzeugung aus Reststoffen substituiert den Einsatz fossiler Rohstoffe wie Erdöl. Bei bestimmten Reststoffen kann der Plasmaeinsatz auch die Rückgewinnung weiterer Stoffe (Metalle, Glas) unterstützen. Bis zum Markteinsatz sind jedoch noch eine Reihe technologischer Herausforderungen zu lösen.
Die dissoziative Wirkung von Plasmen legt einen effizienten Einsatz zur Molekülgasauftrennung etwa von Kohlendioxid, Methan, Stickstoff oder Ammoniak nahe, wie sie in Verfahren der Wasserstoffwirtschaft benötigt wird. Nicht-thermische Plasmen versprechen hohe Energieeffizienzen, während nur thermische Plasmen für den großskaligen Einsatz denkbar sind. Um markttaugliche Lösungen zu erreichen, wird eine Kopplung mit chemisch-katalytischen Verfahren sowie ein Plasmabetrieb bei hohen Drücken notwendig sein. Unser Anliegen ist es, die physikalischen Aspekte der Plasma-Katalysator-Wechselwirkung besser zu verstehen und in Beziehung zur chemischen Konversion zu setzen. Dazu werden u.a. gepulste und sinusbetriebene Barrieren- oder Funkenentladungen hinsichtlich ihres Durchbruchs und der wesentlichen Plasmaparameter untersucht.
Ein vielversprechender und neuartiger Ansatz zur Substitution von Kohle und zur Emissionsvermeidung in der Metallherstellung ist die Wasserstoff-Plasma-Schmelzreduktion. Dabei übernimmt ein Plasma in einer Wasserstoffatmosphäre die Aufheizung, Dissoziation und Ionisation von Wasserstoff, wodurch eine effiziente Reduktion von Metalloxiden wie u.a. Eisenerz möglich wird. Die gleichzeitige Aufschmelzung des Metalls bei Einsatz eines thermischen Plasmas ermöglicht die Zusammenführung von Prozessschritten.
Erdgasbrenner werden in vielen Industriezweigen insbesondere für thermische Umformprozesse eingesetzt und stellten bisher eine kostengünstige Option dar. Zur Vermeidung fossiler Brennstoffe und CO2-Emissionen bietet sich die Substitution durch Plasmabrenner an. Die in der Regel höheren Temperaturen und Gasgeschwindigkeiten der Plasmabrenner erfordern eine Anpassung der Plasmabrennertechnologie <s>Prozesse</s>. Aktuelle Untersuchungen konzentrieren sich auf Anwendungen in der Glasindustrie.
Vakuumschalter basieren auf der Ausbildung von Lichtbögen im Vakuum sowie der anschließenden isolierenden Wirkung des Vakuums nach Verlöschen des Bogens. Sie sind bisher auf Anwendungen in der Mittelspannung beschränkt. Für die Stromunterbrechung in Hochspannungssystemen werden derzeit Gasschalter eingesetzt, welche das klimaschädliche Gas Schwefelhexafluorid und weitere Fluorhaltigen Komponenten enthalten. Der Ersatz durch Vakuumschalter stellt eine Lösungsoption dar. Hierfür sind neuartige Schalter zum Beispiel mit Kopplung mehrerer Vakuumstrecken in einem System notwendig.
Sowohl für die Transformation unseres Energieversorgungssystems als auch im Bereich der Elektromobilität kommt Gleichspannungssystemen und -komponenten zunehmend eine Schlüsselrolle zu. Aufgrund der Abwesenheit eines natürlichen Stromnulldurchgangs in Gleichstromsystemen stellen das effiziente Schalten bzw. die sichere Stromunterbrechung nach wie vor große Herausforderungen dar. Hierfür werden aktuell Hybridsysteme entwickelt, welche die Vorteile von Halbleiterschaltelementen und mechanischen Kontaktstrecken vereinen. Insbesondere für den Aufbau schneller und effektiver Schaltgerätetechnik besteht ein akuter Forschungsbedarf.
Projektthemen
PlasmaArc4Green ist ein Verbundprojekt mit internationaler Beteiligung koordiniert durch den Österreichischen Partner K1MET. Es widmet sich der Entwicklung von technologischen Lösungen für eine CO2-emissionsfreie Herstellung von Metallen durch Reduktion von Erzen im Wasserstoff-Lichtbogen-Schmelzprozess. Konkret werden numerische Modelle und experimentelle Monitoringverfahren für die Plasma-Reduktionsprozesse und Gasströmungen erarbeitet. Das INP beteiligt sich mit Experimenten und Diagnostik zur Analyse von Hochstrom-Lichtbögen und ihren Wechselwirkungen mit Elektroden und Schmelzbad für den Eisenerzreduktionsprozess.
Das Projekt wird gefördert im Rahmen des Österreichischen Forschungsprogramms COMET läuft von 2024 bis 2028.
Weitere Einzelheiten sind unter folgendem Link zu finden: https://www.k1-met.com/modul_plasmarc4green
Das Verbundprojekt PLAS4PLAS zielt auf eine innovative Methode zur nachhaltigen Wiederverwertung von glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK). In Kooperation mit dem Institut für Umwelt & Energie, Technik & Analytik e.V. (IUTA) sowie der TU Bergakademie Freiberg arbeitet das Forschungsteam an einem emissionsfreien und rückstandsfreien Recyclingverfahren auf Basis von thermischem Plasma. Das geplante Verfahren setzt auf einen Gasifizierungsprozess, der durch ein thermisches Plasma unterstützt wird. Hierbei wird Arbeitsgas auf mehrere tausend Grad Celsius erhitzt und dient als extrem heißes Medium, das den Verbundwerkstoff in seine Bestandteile zerlegt. Im Gegensatz zur herkömmlichen Verbrennung wird die benötigte Energie über das Plasma als elektrische Energie von außen zugeführt. Der Kunststoffanteil wird schonend in Synthesegas umgewandelt, welches als Rohstoff zur Herstellung neuer Kunststoffe dienen kann. Gleichzeitig wird untersucht, in wie weit sich der verbleibende Glasanteil sowie weitere rückgewinnbare Elemente zur Herstellung anderer Produkte eignen.
Ein zentrales Ziel des Projekts ist die Optimierung der thermischen Plasmatechnologie für die spezifischen Anforderungen des Recycling von GFK-Abfällen. Dabei wird der Recyclingprozess sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich bewertet, um seine Nachhaltigkeit und Effizienz zu gewährleisten. Zudem werden die technischen Grundlagen für die Skalierung des Verfahrens und die Entwicklung eines großtechnischen GFK-Gasifizierungsreaktors erarbeitet. Über die technische Umsetzung hinaus untersucht das Projekt auch die langfristigen Potentiale der Plasmatechnologie für die Rohstoffversorgung für faserverstärkte Kunststoffe sowie die gesellschaftliche Akzeptanz der neuen Technologien als Voraussetzung für eine breite Implementierung.
Das Projekt wird gefördert durch die Volkswagenstiftung und läuft von 2025 bis 2029.
Die Integration erneuerbarer Energien in das Energiesystem erfordert eine kontinuierliche Anpassung der Energienetze und ihrer Technologien. Gleichstromtechnologien können dank ihrer Flexibilität und Effizienz eine wesentliche Rolle bei dieser Transformation spielen. Der wissenschaftliche Fokus des Projekts liegt auf Mittespannungsgleichstromnetzen (MVDC), welche eine Schlüsselrolle für die direkte Integration erneuerbarer Energien und die Kopplung von Sektoren einnehmen. Insbesondere im Hinblick auf die Integration sowie für den Betrieb und die Sicherheit von MVDC-Netzen fehlen technologisch ausgereifte Lösungen für Komponenten etwa für Spannungen im Bereich von 10 bis 20 kV DC. Der Einsatz neuer und kosteneffizienter Technologien ist für den Aufbau hybrider Netze mit mehreren Anschlusspunkten und Anbietern (multipolar) sowie für die Integration von Hochspannungs- und Mittelspannungsbereichen sowie von Energieinseln erforderlich. Aufgrund der Komplexität der während des Stromflusses wirkenden physikalischen Phänomene und ihrer Interaktion mit angrenzenden Materialien und Komponenten soll für die technologische Entwicklung neuer Steuerungs- und Schutztechnik in der MVDC ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt werden, der physikalische und elektrotechnische Aspekte vereint.
Ziel dieses Projektes ist die Vorbereitung und Einreichung eines gemeinsamen Antrages in Horizon Europe des INP Greifswald, der Universität Belgrad in Serbien, der Universität Brno in Tschechien, der Universität des Baskenlandes in Spanien sowie weiterer europäischer Partner aus Wissenschaft und Industrie.
Das Projekt wird gefördert durch die EU und läuft von 2025 bis 2027.
Im Projekt TAILCHEM soll herausgearbeitet werden, ob eine höhere Selektivität plasmachemischer Prozesse bei hohen Drücken durch Änderungen der Hochspannungsform möglich ist. Durch die angelegte Spannungswellenform soll die reduzierte elektrische Feldstärke zeitlich so verändert werden, dass unterschiedliche Elektronenstoßprozesse in den unterschiedlichen Entwicklungsphasen einer Gasentladung dominieren und damit die Energie gezielt einkoppeln. Als Modellsystem im Projekt dient die Bildung von Stickoxiden in Luft, die für die sogenannte Stickstofffixierung auch industriell bedeutsam ist. Die selektive Erzeugung reaktiver Stickstoffspezies soll dabei insbesondere durch schwingungsangeregten Stickstoff im Grundzustand erfolgen. Neben der Gasumwandlung ist für diese Aufgabenstellung auch eine umfangreiche Plasmadiagnostik notwendig, um die Entladungsphysik mit dieser zu korrelierten.
Das Projekt wird von der EU im Rahmen einer Marie-Skłodowska-Curie Action gefördert und läuft von 2024 bis 2026.